awesomatik in Lissabon
Teil 4 – Die Entdeckung der Langsamkeit
Madeira ist eine Trauminsel und Lissabon eine pulsierende Kulturmetropole aber eine Sache hat mich in Portugal ab und an wirklich zur Verzweiflung gebracht: das Warten!
Ich lese Bücher über Zen-Buddhismus, meditiere und habe kein Problem damit zu entschleunigen.
Ich kann auch ohne mit der Wimper zu zucken im Supermarkt in einer lange Schlange stehen, wenn ich sehe, dass alle Kassen besetzt sind.
Wenn es aber keinen plausiblen Grund für die elende Warterei gibt, dann fängt mein Blut langsam an zu köcheln.
Und das sagt jemand, der aus der Service-Wüste Berlin kommt. Wie und wo ich überall warten musste, erzähl ich euch in meinem Bericht. Ich hoffe, ihr habt etwas Zeit mitgebracht.
Hier der Blick aus unserer Airbnb-Unterkunft. Eine süße Gasse mitten im Zentrum (U-Bahn Station Rossio).
Ein herrlicher Tag in der Stadt der sieben Hügel.
In Lissabon wird Kultur groß geschrieben. Hier z. B. Trinkkultur.
In Sonne gebadet, die Praça do Comércio.
Gefühlte 53 Grad ohne einen Hauch Schatten und eine kilometerlange Schlange vor dem Mosteiro dos Jerónimos in Belém.
Also nochmal zurück zum Thema. Das Warten begann schon am Flughafen von Lissabon. Auf einem Bildschirm konnte man verfolgen, wann unser Gepäck das Fließband erreichen würde.
Nur dauerte es vom angezeigten Zeitpunkt (3 Minuten) bis zum tatsächlichen Eintreffen der Koffer 30 Minuten.
Gut, kann passieren.
Also erstmal einen Snack zur Stärkung im Fast Food Restaurant einnehmen. Das angeblich „beste Toast der Welt“ in einem hippen kleinen Lokal im Zentrum, entpuppte sich als das „am langsamsten zubereitete Toast der Welt“.
Wir waren die einzigen Kunden in dem Laden, ich konnten dem Besitzer bei der Zubereitung bzw. nicht-Zubereitung unserer Toast die gesamte Zeit zuschauen.
Unglaubliche 40 Minuten später stand das Essen auf dem Tisch (ich hätte keine fünf Minuten dafür gebraucht). Ebenso lang und deutlich länger warteten wir auch in anderen Restaurants (z.B. dem Ponto Final an der Ponte de 25 Abril).
Ok, vielleicht hatten wir Pech. Also in den Supermarkt und ein paar Einkäufe machen. Da habe ich mich anfangs gewundert, wieso die Schlange nicht vorwärts rückt obwohl die Kassen besetzt sind. Schnell offenbarte sich mir der Grund.
Bei jedem Einkauf packen die Kunden erst in aller Seelenruhe sämtliche Waren ein bevor sie bezahlen. Das hatte ich schon auf Madeira erlebt und es für einen Einzelfall gehalten bis es mir immer wieder passierte.
Einmal konnte ich nicht mit Karte zahlen, da haben sie tatsächlich gewartet bis ich zum Automaten gegangen bin, um Geld zu holen und nicht weiterkassiert bis ich wieder da war. Man darf es also definitiv nicht eilig haben.
Weiter zu den Sehenswürdigkeiten. Die Schlange auf dem Bild seht ihr ja.
Wir haben uns trotz Höllenhitze angestellt. Wir wollten uns schließlich nicht das UNESCO Weltkultur-Erbe entgehen lassen.
Nach über einer Stunde standen wir an der Kasse. Es gab genau zwei davon und eine Mitarbeiterin plauderte gerade entspannt mit einer Touristin.
Die wissen schon, dass das Kloster eine der größten touristischen Attraktionen der Stadt ist???
Der Innenhof des Hieronymusklosters.
Hinter portugiesischen Gardinen.
Die Ruhestätte von Seefahrer und Nationalheld Vasco da Gama.
Ein Nachbau der Propeller-Maschine Santa Cruz würdigt die erste Süd-Atlantik Überquerung durch portugiesische Piloten.
Entspann dich digger, du bist in Lissabon!
Das soll also der berühmte Torre de Belém, das Wahrzeichen Lissabons sein? Ganz schön klein.
Ah so. Nee, das ist er. Mhhmm auch ziemlich klein.
Vielleicht bin ich ein Banause aber für mich gehört der Torre de Belém, mit dem schiefen Turm von Pisa und den Niagara-Fällen zu den Sightseeing-Enttäuschungen meiner Reise-Karriere.
Er ist ohne Frage schön und effektiv gebaut und hat sicherlich einen hohen kulturellen und emotionalen Wert aber darüber hinaus ist es halt nur ein kleines Türmchen.
Ah ja, eine lange Schlange durfte natürlich auch hier nicht fehlen. Glücklicherweise konnten wir uns das Anstehen sparen, weil wir ein Kombi-Ticket mit dem Klosterbesuch gekauft hatten.
Dachten wir!
Ohne Warten geht es natürlich trotzdem nicht. Der Turm lässt sich nämlich nur über eine enge Wendeltreppe besteigen.
Und diese ist dem Besucheransturm nicht gewachsen.
Dafür haben sich die Betreiber ein tolles Ampelsystem überlegt, das den Auf- und Abstieg kontrollieren soll.
Wie schade, dass das System kolossal versagt hat.
So hingen wir schon bald mit zahlreichen anderen Menschen auf dem Turm fest. Einige waren schon fast panisch, weil einfach nicht absehbar war, wann man wieder durch die enge Treppe absteigen konnte.
Aus meiner Sicht ist eine Außenansicht des Turms deshalb völlig ausreichend.
Aber wenden wir uns doch angenehmeren Themen zu.
Unweit der Hauptattraktionen findet man zum Beispiel die berühmten Casa de pastéis de Belém.
Hier bekommt man die göttlichen Blätterteigtörtchen, die vermutlich bereits vor dem 18 Jahrhundert von Mönchen des angrenzenden Klosters hergestellt wurden.
Die Törtchen sind den Hype absolut wert. Sie schmecken sensationell gut.
Den Turm kann man sich von mir aus sparen aber die Pastéis de Belém muss man auf jeden Fall gegessen und bis auf den letzten Krümel genossen haben.
Zurück in der Innenstadt entdecken wir die Loja das Conservas. Einen hippen Laden, der die portugiesische Tradition der Verdosung zelebriert.
Ein tolles Mitbringsel für Freunde und Bekannte.
Bei so vielen schönen Dosen fällt die Entscheidung allerdings schwer.
Den Abend verbringen wir (ohne Fotoapparat) im Alfama Viertel zu den melancholischen Klängen von Fado-Musik.
Nach dreieinhalb Tagen heißt es nun Abschied nehmen und obwohl wir so viel unternommen haben, verlassen wir die Stadt mit dem Gefühl noch viel mehr nicht entdeckt zu haben.
Ein guter Grund mal wieder zurückzukommen!
Tja und so geht unser Portugal Trip (mit einer zwei stündigen Verspätung unseres Fluges!!) zu Ende.
Fazit: Madeira ist ein Traum für Wanderer und Lissabon eine der aufregendsten Städte Europas. Absolut zur Nachreise empfohlen.
Das sinnlose Gehetze an den Supermarktkassen hier geht mir tierisch auf die Ketten 😐 … ich muss wohl nach Lissabon umziehen. Und *freiwillig* ohne plausiblen Grund zu warten ist doch das Angenehmste überhaupt 😉
Davon ab: schöne Serie, sehr reiselustig!
Wie gesagt mit Warten an sich habe ich eigentlich keine Probleme. Ich kann mich auch beim Schlangestehen entspannen.
Und wenn es ein Tante Emma Laden oder Bäcker wäre, wo man mit dem Personal plaudert oder so, dann finde ich es vollkommen OK.
Aber wenn draußen die Sonne scheinst, du eigentlich die Stadt oder das Land erkunden willst und du in einer stickigen Supermarktkette, an einer endlose Schlange festhängst dann ist das einfach nur ätzend.
Und das hat auch nix mit mediterranem Lifestyle zu tun. Am Ende wirst du genauso abgefertigt wie hier.
Ich fand es halt erwähnenswert, weil es immer wieder an den verschiedensten Orten passiert ist.
Davon abgesehen kann man in Lissabon bestimmt auch so super Leben. Die Stadt ist traumhaft schön und langweilig wird einem da nicht so schnell.
Ja, ich mag diese Langsamkeit. Wenn man sein Leben anders organisiert geht das nämlich genau so gut.
„Ach da ist eine Schlange, gehen wir erst mal Kaffee trinken“
Ja, da muss ich wohl noch an mir arbeiten ;o) !