Der nördliche Kungsleden – von Ammarnäs nach Hemavan

Tag 17 – Von Aigerthütte bis Holzbrücke hinter der Servehütte (24 km)

Ein sonniger Tag beginnt auf dem Kungsleden und der erste Akt führt mich in einem schweißtreibenden Anstieg steil bergauf.

Schnell hat sich das mit der Sonne auch erledigt und ich stehe oben angekommen in dichtem Nebel. Ich kann gerade soweit sehen wie mein Wanderstock am ausgestreckten Arm reicht.

Deswegen erschrecke ich mich fast, als vor mir unvermittelt ein gigantischer See auftaucht.

Hier gäbe es unter anderen Bedingungen bestimmt viel zu sehen. Durch einige Schneefelder stapfe ich voran.

Bald setzt ein Nieselregen ein und die Temperaturen fallen ungemütlich.

Deshalb bin ich froh als diese Schutzhütte im Nebel erscheint. Eine Szene wie in einem Horrorfilm. Aber mir ist verdammt kalt also rein da.

In dem kleinen Zimmerchen macht sich gerade ein australisches Pärchen, das in der Hütte übernachtet hat zum Abmarsch bereit.

Wenig später kommen zwei weitere schwedische Wanderer nass hereingestolpert. Eine ältere Dame in beeindruckend sauberen Wanderklamotten und ein junger Mann mit normalen Wanderklamotten (also komplett eingesaut).

Er sieht nicht so tough aus, ist aber auf dem Gröne Bandet unterwegs und hat schon einige 100 Kilometer auf der Uhr. Wie auch die anderen Hiker auf dem grünen Band, hat er einen ultraleichten, kleinen Rucksack auf dem Rücken und ein großes Lächeln auf dem Gesicht.

Wenig später tauchen zwei weitere Wanderer auf, die, wie sich bald herausstellt auch aus Berlin sind und sogar regelmäßig in der gleichen Boulderhalle wie ich klettern. Es wird also richtig gemütlich und ich habe überhaupt kein Bock in den Regen rauszugehen aber nützt ja nix…

Der weitere Tag verläuft ereignislos. Ich suche mir einen halbwegs schönen Schlafplatz neben einem rauschenden kleinen Bach, schaufel mir meine Trekkingnahrung rein und lese in meinem E-Reader.

Tag 18 – Von Holzbrücke bis Syterhütte (25 km)

Heute wollte ich  früh aufstehen aber es regnet in Strömen und ich drehe mich nochmal auf meiner Thermarest um und schlafe weiter.

Irgendwann klart es tatsächlich auf und ich baue mein Zelt ab. Das geht mittlerweile Zack Zack.

Ich stratze los durch blühende Landschaften mit toller Aussicht auf schneebedeckte Berge. Wie so oft geht es durch sumpfigen Birkenwald.

Schließlich erreiche ich diese nette Bucht. Ich mache ein kleines Päuschen aber sehe schon bald, dass sich der Himmel bedrohlich verfinstert.

Ich überlege noch kurz, ob ich mir meine Regenhose anziehen soll, da kommt es schon brutal runtergeprasselt und das Thema hat sich erledigt.

Mit meiner nassen Hose, muss ich nun über sieben Brücken gehen.

Nach dem Inselhopping, folgt ein steiler Anstieg in schwüler Hitze.

Ausreichend platt erreiche ich die Syterhütte und schlage auf dem gegenüberliegenden Ufer dieses wunderschönen Flusses mein Zelt auf.

Ich wasche mein Sachen und halbherzig auch mich. Und dann geht es für meine vorerst letzte Nacht in mein geliebtes Zelt.

Tag 19 – Von Syterhütte bis Hemavan (25 km)

Unglaublich. Mein letzter Tag auf dem Kungsleden. Über nasse Wiesen geht es einen Bergrücken hinauf. Es ist gut windig und ich sehe mal wieder nada, weil:

Doch zu guter letzt klart der Nebel auf und eröffnet mir eine grandiose Sicht auf das Tal.

Ich bin komplett alleine in dieser gigantischen Kulisse und kämpfe mich gegen massiven Gegenwind voran.

Leider konnte ich die mystische Stimmung des Tals nur bedingt mit meinem Handy ablichten.

Ich stapfe staunend weiter durch das tiefe U-Tal während an den Berghängen Rentierherden entlang laufen.

Mittags erreiche ich die Viterskalet-Hütte, wo ich ein kleines Päuschen einlege. 

Dann folgt die letzte Gerade nach Hemavan. 

Ich lasse mich ja nur ungern fotografieren aber ein Wanderer, der mir entgegen kommt besteht darauf also bitteschön. 

Meine Hautfarbe besteht aus 50 Prozent Bräune durch die 24 stündige Sonneneinstrahlung und 50 Prozent Schmutz. 

Kurz vor Ende des Weges muss ich aufgrund von Bauarbeiten noch einen hässlichen Umweg laufen aber dann bin ich tatsächlich am Ziel!

Whisky for my men, beer for my horses! Ich hab’s geschafft. 

So wirklich schön ist das Ziel aber nicht. Eine erbärmliche Holztafel und dahinter ein hässlicher Parkplatz mit einer Liftstation, die original wie der Bierpinsel in Berlin aussieht. 

Aber der Weg ist bekanntlich das Ziel und der hätte nicht schöner sein können. 

Über meine Abreise hab ich mir noch gar keine Gedanken gemacht aber viel wichtiger sind jetzt erstmal andere Dinge. 

Ich stolper den Berg hinunter zu einer Schnellstraße und direkt in ein Fast-Food Restaurant hinein, wo ich mir einen Burger, Fritten und Eis reinschraube.

Sooooo gut! Viel zufriedener als ich in diesen Moment kann man nicht sein. 

Jetzt kann ich mir langsam mal überlegen wie es weiter geht. Ich laufe zur Fjällstation und frage den Mitarbeiter am Empfang wie ich am besten nach Stockholm komme. 

Ich weiß, dass es mit Bus und Zug fast zwei Tage dauert. 

Er schaut in seinem Computer nach und sagt: „In 30 Minuten geht ein Flieger und es gibt noch einen sehr günstigen Sparpreis“.

Ich sag ihm, dass das sehr schön sei aber wie soll ich das denn schaffen? 

Er: „Komm schnell, ich fahre dich hin“. 

Und so schmeiße ich meinen Rucksack hinten in seinen Pick-up Truck und wir brausen zum Flughafen.

Eineinhalb Stunden später stehe ich völlig verdreckt und schwitzend am Flughafen von Stockholm zwischen sommerlich gekleideten Touris.

Wow! Was für ein wilder Ritt!

Kurz bevor ich in den Bus-Shuttle in die Stadt einsteige, buche ich noch schnell online eine Unterkunft.

Von 0 auf 100 zurück in die Zivilisation. 

Fazit

Der Kungsleden heißt nicht ohne Grund übersetzt „der Königsweg“. Es ist ein wunderschöner, wilder Trail, der bei weitem nicht so populär ist, wie ich befürchtet hatte. 
Es war meine erste längere Trekking-Tour und es ist alles wie am Schnürchen gelaufen. Die Infrastruktur ist sehr gut, die Orientierung kinderleicht und vor allem um Wasser braucht man sich keine Sorgen zu machen. 
Zudem scheint im Sommer die Sonne Tag und Nacht. So braucht man keine Angst vor der Dunkelheit zu haben. 
Das bedeutet nicht, dass der Weg nicht auch seine Herausforderungen hat. Schlechtes Wetter, holprige Wege und aggressive Mücken, können einem durchaus das Leben schwer machen. 
Aber genau diese Strapazen machen das Fernwandern ja eigentlich erst interessant.

Jetzt gibt es eigentlich nur noch eine Frage: was soll ich als nächstes wandern?

Falls ihr noch Fragen zum Kungsleden habt, könnt ihr mir gerne auf IG oder per Mail schreiben.

Unterwegs auf dem nördlichen Kungsleden

Teil 1 – Organisation, Kosten  Vorbereitung
Teil 2 – Die ultimative Packliste
Teil 3 – Von Abisko bis Vakkotavare
Teil 4 – Von Saltoluokta bis Kvikkjokk
Teil 5 – Von Kvikkjokk bis Jäkkvik
Teil 6 – Von Jäkkvik bis Ammarnäs
Teil 7 – Von Ammarnäs nach Hemavan

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8 Comments

  1. says: Anna

    Danke, dass du mich wieder ein Stück mitgenommen hast auf einer deiner Touren. Ich lese immer sehr gerne deine Beiträge 🙂
    LG Anna

  2. says: Malte

    Danke für den tollen Text, jetzt weiß ich ungefähr auf was ich mich nächsten Monat einstellen kann, wenn ich (geplant) von Abisko nach Jäkkvik laufen werde.

  3. says: Florian

    Hallo Fabian,

    der Kungsleden war für mich die erste Trekkingerfahrung jenseits der 100km. Ich bin auf deine Packliste gestoßen und habe mich stark daran orientiert. Auch auf dem Weg selber habe ich einige deiner Etappen zumindest längenmäßig so bestritten. Das war hier alles sehr hilfreich. „3 sweaty bitches rowing“ gibt’s übrigens immer noch klar leserlich.

    Ich bin Ende August – September unterwegs gewesen. Keine Mücken! Vermutlich dafür grundsätzlich niedrigere Temperaturen. Den Skierfe musste ich nach nahezu 2 Wartetagen leider skippen Wetter wollte nicht.

    Ich wollte damit eigentlich nur Danke sagen für ein wenig Führung.

    Gruß Florian

    1. says: Fabian

      Hi Florian, cool! Schön, dass es die 3 sweaty bitches noch gibt :). Schade um den Skierffe aber wenig Mücken ist auf jeden Fall auch was wert! Und hast du schon Pläne für die nächste Fernwanderung?

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