Etappen 14 bis 18
Tag 14 – Modane zum Refugio I Re Magi
Wie so oft auf dem GR 5 beginnt der Tag steil. Im Schatten eines Waldes arbeite ich mich langsam bergauf.
Robert mit dem ich gemeinsam gestartet bin, lasse ich wie gewohnt schnell hinter mir.
Gegen Mittag habe ich schon fast das Tagesziel, das Refuge du Thabor, erreicht.
Die Hütte liegt allerdings etwa abseits des Weges und da es noch sehr früh ist und ich mich gut fühle, beschließe ich spontan die heutige Etappe zu verlängern.
Kaum bin ich über den ersten Kamm wird ein leicht mediterraner Einfluss spürbar.
Noch sind es ein paar hundert Kilometer bis zum Mittelmeer aber die Natur sendet schon blühende Vorboten, die mir neue Energie und Motivation geben.
Entlang des Ruisseau de la Vallée étroite (Bach des schmalen Tals) schreite ich durch erhabene Landschaft Richtung Süden.
Am Nachmittag erreiche das Refugio I Rei Magi. Der Name der Hütte ist italienisch und das gesamte Personal spricht italienisch, so dass ich vorsichtshalber nochmal Nachfrage in welchem Land ich mich aktuell befinde.
So erfahre ich, dass das Gebiet bis zum zweiten Weltkrieg noch zu Italien gehörte, dann aber von Frankreich annektiert wurde.
Mittlerweile genießt man hier ein italienisch-französisches Flair mit Besuchern aus beiden Ländern, freundlichen Mitarbeitern und leckerem Essen.
Am Abend setzt Regen ein und ich verkrieche mich in meinen Hüttenschlafsack. Das Matrazenlager ist voll und ich liege so dicht unter der Zimmerdecke, dass in Seitenlage meine Schulter fast dieselbige berührt.
Tag 15 – Refugio I Re Magi – Névache
Da ich gestern unplanmäßig länger gelaufen bin, steht heute eine ungewohnt kurze Etappe auf der Tagesordnung.
In herrlicher Morgensonne schreite ich an den „Heiligen drei Königen“ vorbei, wie diese imposante Bergkette genannt wird.
Beim alleine wandern, habe ich oft ein lockeres Lied auf den Lippen. Schnell hab ich jedoch merken müssen, dass ich bei vielen Songs nur wenig textsicher bin.
Damit ich ausdauernder vor mich hin trällern kann, habe ich am Vorabend im Internet einige Lyrics nachgeschlagen.
Und so singe ich mich fröhlich durch den traumhaften Morgen.
Bald habe ich mein Ziel erreicht und gönne meinen Füßen ein Bad im eiskalten Fluss.
Ein Nickerchen mache ich bei der Gelegenheit auch gleich.
Dann wird es Zeit, sich um einen Schlafplatz zu bemühen.
Beim dritten Anlauf werde ich in Névache fündig und schnapp mir das strategisch beste Bett in Türnähe.
Beim Abendessen erfahre ich von anderen Wanderern, dass sie am Vortag Robert gesichtet haben, wie er „just for fun“ den Mont Thabor raufgekraxelt ist (3178 m). Als wär die Tour nicht schon anstrengend genug!
Jetzt ist er allerdings endgültig hinter mir, so dass sich unsere Wege leider nicht mehr kreuzen werden.
Tag 16 – Névache – Briançon
Um 6:30 Uhr hole ich mir Croissants in der Dorfbäckerei und dann geht es aufi.
Zwei Stunden später erreiche ich den Lac de Cristol (2245 M), wo gerade ein Pärchen aus dem Zelt steigt. Einen besseren Schlafplatz kann man sich nicht wünschen!
Nach einem kurzen Plausch mit den Campern ziehe ich weiter.
Berge so weit das Auge reicht!
Dann geht es im Zick-Zack auf die Crête de Peyrolle.
Zwei Stunden stiefel ich bei grandioser Aussicht über den Grat.
Steile Pause.
Hätte ich gewusst wie lang und mühselig der Abstieg wird, wäre ich wahrscheinlich die Variante gelaufen, die unterhalb des Grates verläuft.
So muss ich leider knapp 2000 Höhenmeter in der Mittagshitze absteigen, die letzten Kilometer auf asphaltierten Serpentinen.
Der Morgen hatte so schön begonnen aber jetzt bin ich vollkommen fertig. Ich quäle mich durch die Innenstadt, die gerade komplett neu gebaut wird und aktuell eine gigantische Baustelle ist.
Dann steige ich in einem schäbigen Bahnhofshotel ab und stocke am Abend im Supermarkt meine Lebensmittel auf. Aber immerhin – die Hälfte der GTA habe ich nun hinter mir!
Tag 17 – Briançon – Brunissard
Du weißt, dass du im Wanderurlaub bist, wenn der Wecker um 6 Uhr klingelt.
Im diesigen Morgen lasse ich Briançon hinter mir. Beim Blick zurück, kann ich nochmal den unglaublichen Abstiegsweg des Vortages aus der Ferne betrachten.
In diesen Jurten kann man auf einen Drink einkehren und sogar übernachten. Ich habe aber noch ein Stück Weg vor mir und ziehe weiter.
Die heutige Etappe ist wenig spektakulär. Mir tun die Füße weh und ich quäle mich voran.
Ich erreiche Brunissard mal wieder pünktlich vor dem Regenbruch und lege mich erstmal für einen Mittagsschlaf ins Bett. Meine Füße schmerzen besorgniserregend.
Tag 18 – Brunissard – Ceillac
So, was mache ich heute schönes? Aus der Kategorie: Fragen, die man sich im Wanderurlaub nicht stellt.
Schuhe an, Rucksack auf. Los geht’s.
Ein weiterer herrlicher Morgen.
Der Weg ist fein markiert, wie ich es mag.
Und da ist auch schon meine Unterkunft.
Schaut euch die mal an. Zu faul, um zu wandern.
Das Schloss Queyras (1384 m) von unten.
Schon bald geht es aber wieder bergauf bis auf den käsigen Col Fromage (2301 m).
Während von hier viele Paraglider ins Tal fliegen. Tragen auf dem Wanderweg Packesel Material nach oben.
Dieser flauschige Kollege hat Glück und muss ausnahmsweise kein Gepäck transportieren.
Hier laufe ich hinter dem Schweizer Polizei-Anwärter Nicholas, den ich aber zu diesem Zeitpunkt noch nicht kenne.
Ich erreiche das kleine Dorf Ceillac am frühen Nachmittag, wasche meine Klamotten und gehe auf ein Eis in die Fußgängerzone. Gönnung muss sein.
Fazit
Die Hälfte des GR 5 habe ich in Briançon hinter mich gebracht! Ab Mondane macht sich auch landschaftlich der mediterrane Einfluss bemerkbar. Das Mittelmeer rückt näher aber der Horizont steht weiterhin voller Berge.
Ich bin noch längst nicht am Ziel aber schon sehr gespannt, was mich auf dieser zweiten Hälfte der Wanderung erwartet.
Tipps
- Auf dem gesamten GR 5 wird die 3000er Marke nicht geknackt. Wer dies aber tun möchte, kann den Mont Thabor (3178 m) hinter Modane besteigen
- Man kann die Etappe Modane – Refuge du Thabor um zwei Stunden verlängern und stattdessen im italienisch angehauchten Refugio i Re Magi übernachten
- Die Gratwanderung über die Crête de Peyrolle ist sehr schön, der Abstieg aber brutal lang. Ich könnte mir vorstellen, dass die Umgehungsvariante weniger kräftezehrend ist.