Westwärts mit der Nacht. Mein Leben als Fliegerin in Afrika – Beryl Markham

awesomatik auf Buchfühlung 

Westwärts mit der Nacht – Mein Leben als Fliegerin in Afrika –
Beryl Markham

Egal, was du bisher so gemacht hast. Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass dein Leben um einiges langweiliger war und ist als das von Beryl Markham.
Sie ist wohl eine der unbekanntesten und doch faszinierendsten Frauen des vergangenen Jahrhunderts.  Aufgewachsen in Kenia (damals Britisch- Ostafrika) bewegte sie sich meist barfuß auf der Farm ihres alleinerziehenden Vaters zwischen exotischen Tieren und Zuchtpferden. Bevor sie Englisch lernte, sprach sie Swahili.
Sie  wurde u.a. von einem Löwen angefallen, züchtete Rennpferde und ging (als einzige Frau) mit den einheimischen Stammesmitgliedern auf Großwildjagd. Sie pflegte wilde Liebschaften mit Prominenten und erlang durch ihren Rekord-Atlantikflug schließlich größere Berühmtheit.
Als erster Mensch überquerte die Flugpionierin 1936 den Atlantik von West nach Ost, wo sie in Nova Scotia eine Bruchlandung hinlegte, weil ihre Treibstoff-Tanks eingefroren waren.
Und als wäre das noch nicht genug, ist sie auch noch eine begnadete Schriftstellerin.

Die Höhepunkte ihres abenteuerlichen Lebens hielt sie in dem Buch West with the night fest über das Ernest Hemingway schrieb:

[…] she has written so well, […] that I was completely ashamed of myself  as a writer. I felt that I was simply a carpenter with words, picking up whatever was furnished on the job and nailing them together […]

Mehr als genug Gründe also, ihre Autobiographie zu lesen.

Und darum geht’s:

Markham beschreibt in West with the night die wichtigsten Stationen ihres turbulenten Lebens und ihre ewig währende Liebe zum afrikanischen Kontinent.  

Dabei geht Markham nur bedingt chronologisch vor. Vielmehr vermischt sie wichtige biografische  Ereignisse mit poetischen Gedanken über das Leben an sich. 

It is really this, that makes death so hard – curiosity unsatisfied.

Ich kann Hemingway nur zustimmen. Das Buch ist unglaublich schön geschrieben. Immer wieder musste ich meine Lektüre verlangsamen, um bloß nichts von dem feinen Text zu überlesen. Zeile für Zeile ein absoluter Genuss. Jeder Nebensatz kann eine erfrischende Beobachtung enthalten.

[…]It was evidence of the double debt England still owes to ancient China for her two gifts that made expansion possible – tea and gunpowder.

oder:

They were unshaved and dirty. I had never realized how quickly men deteriorate without razors and clean shirts. They are like potted plants that go to weed unless they are pruned and tended daily.

Während Markham einerseits ihre unglaublichen Errungenschaften völlig unter Wert verkauft, lässt sie anderseits viele pikante Details aus ihrem Leben unerwähnt.
Kein Wort zu ihren zahlreichen Liebschaften, dem unterkühlten Verhältnis zu ihrer abwesenden Mutter, der Geburt ihres Sohnes, den sie an Verwandte in die Pflege gab usw. 

In West with the night dreht sich alles um ihre vier großen Lieben: ihr Vater, Pferde, die Fliegerei und Afrika. 

Aber das sind schon genug Abenteuer für zehn Leben. Beryl Markhams Treibstoff war die Neugier, die sie Zeit ihres Lebens zu den unglaublichsten Taten getrieben hat.

Why am I gazing at this campfire like a lost soul seeking a hope when all that I love is at my wingtips? Because I am curious, Because I am incorrigibly, now, a wanderer 

Einen kleinen Minuspunkt gibt es für die Kolonialismus-Mentalität, die natürlich damals vorherrschte und somit auch ihren Weg in das Buch fand. Das familiäre und enge freundschaftliche Verhältnis, das Markham zu vielen Einheimischen hatte, kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass diese weit davon entfernt waren gleich gestellt zu sein. Im Gegenteil waren es oft Bedienstete, die aus damaliger Sicht die Führung der Weißen dringend benötigten, um aus der Steinzeit in die Zivilisation geführt zu werden. 

Fazit – Prepare for a rough landing

Wie muss es wohl sein barfuß mit dem Speer auf Löwenjagd zu gehen, bei Nacht in unerforschter Wildnis ein Flugzeug blind zu landen oder auf Pferderücken durch die paradiesische Landschaft Ostafrikas zu reiten? 
Niemand könnte davon schöner berichten als Beryl Markham. Der Unterschied zwischen ihr und Indiana Jones ist, dass es sie wirklich gab! Eine unerschütterliche Abenteurerin, die angetrieben von unstillbarer Neugier die Grenzen des Möglichen verschoben hat. West with the night: Adrenalin und Poesie. Pflichtlektüre für Abenteurer und Armchair Traveller.

Wertung 4/5

1. Geht gar nicht     2. Is OK     3. Gut    4. Richtig gut     5. awesomatik!

awesomatik Kuriosum

Immer wieder wurde diskutiert, ob Beryl Markham tatsächlich die Verfasserin ihrer Autobiographie sei oder ob diese nicht von ihrem Ex-Mann, dem Journalist und Ghost Writer Raoul Schumacher geschrieben wurde. So oder so bleibt es ein hervorragendes Buch. 

Mehr Details über Markhams Leben findet man auf scandalouswoman

Und hier noch eine seltene Filmaufnahme: Und hier noch eine seltene Filmaufnahme: 

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West with the Night (Englisch)
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