GR 5, GR 55, GR52, GTA? Wie bitte, was?
Der GR 5 ist ein transnationtaler Fernwanderweg, der auf rund 2080 km von der niederländischen Küste bis ans Mittelmeer führt. Die Alpenüberquerung auf dem GR 5 führt in circa 29 Etappen vom Genfer See bis nach Nizza.
Auf halber Strecke kann man für ein paar Tage auf den GR 55 durch den sehr schönen Parc National de la Vanoise ausweichen und somit drei Tage einsparen.
Die gewonnenen Tage kann man dann am Ende wieder in den Umweg über den GR 52 durch die sehr beliebte Vallée des Merveilles (Tal der Wunder) investieren.
Die Kombination von GR5, GR55 und GR52 wird auch als GTA – Grande Traversée des Alpes (Große Alpenüberquerung) bezeichnet. Nicht zu verwechseln mit der italienischen GTA (Grande Traversata delle Alpi).
Die GTA endet in dem wunderschönen Örtchen Menton.
Das klingt jetzt komplizierter als es ist. Fakt ist: egal wie man sich entscheidet, alle Routen beginnen am Genfer See und enden am Mittelmeer.
Je nach Reiseführer und Streckenführung werden einem für die 660 km bis 740 km (und 40 000 Höhenmeter) zwischen 28 und 37 Etappen vorgeschlagen.
Ich habe die GTA auf dem GR5, GR55 und GR52 von Thonons les-Bains (Genfer See) bis nach Menton in 29 Tagen gemacht.
Ich habe keinen Ruhetag eingelegt und hatte Glück mit dem Wetter. Es ist machbar, war aber auch sehr anstrengend. Täglich bin ich um die acht Stunden gelaufen. Durchschnittlich 23 km und 1200 Höhenmeter rauf und wieder runter pro Tag.
Die Alpenüberquerung ist komplett als Hüttentour machbar. Aufgrund der physischen Herausforderung habe ich insgesamt nur zwei Menschen getroffen, die die Tour mit dem Zelt gewagt haben und die hatten keine große Freude damit.
Viele machen den GR 5 über mehrere Jahre in Teilstücken, dann macht das Zelt schon mehr Sinn.
Ein Mitstreiter hat mit dem Zelt begonnen und es dann nach einer Woche abgelegt. Zwei weitere hatten geplant die Hälfte mit dem Zelt zu gehen aber auch aufgrund der vielen Höhenmeter früher abgebrochen. Ich würde es nur erfahrenen Fernwanderern anraten.
Ich kann die GTA so wie ich sie gemacht habe, definitiv empfehlen. Idealerweise hat man einige Puffertage. Wer es eiliger hat, kann ohne den Schwenk durch das Tal der Wunder und mit der Abkürzung auf dem GR55, Nizza in 25 Tagen erreichen.
Alleine oder mit Partner/Gruppe ?
Aus Sicherheitsgründen ist es natürlich immer wünschenswert in den Bergen mit Partner zu wandern.
Für ein solches Unterfangen müsste ein potentieller Wanderfreund jedoch einige Voraussetzungen erfüllen.
– Sie / Er muss mindestens vier Wochen Zeit haben
– Sie / Er sollte auf einem ähnlichen Fitnesslevel sein (damit meine ich möglichst fit)
– Sie / Er sollte auch bei widrigen Bedingungen (wie u.a. schlechtem Wetter, Schmerzen, Krankheit) eine positive Einstellung behalten
– Sie / Er sollte selbst möglichst viel Lust auf dieses Abenteuer haben
Bei mir ist die Suche nach einer geeigneten Begleitung hauptsächlich am ersten Punkt gescheitert.
Im Vergleich zum Traumpfad München-Venedig , wo ich sehr viel in Gesellschaft gelaufen bin, war die GTA deutlich einsamer.
Ich habe zwar auch viele Menschen kennengelernt aber bin dennoch 95% der Zeit komplett alleine gelaufen.
Das war ein großer Unterschied, da geteiltes Leid halbes Leid ist und die Tour somit nicht nur aufgrund zusätzlichen Kilometer und Höhenmeter um ein vielfaches anstrengender war.
Auf dem Traumpfad waren viele junge Wanderer unterwegs, wohingegen hier hauptsächlich ältere und erfahrene Fernwanderer waren.
Dennoch habe ich nur wenige Menschen getroffen, die die Tour an einem Stück gelaufen sind.
Je größer die Wandergruppe ist, desto wichtiger wird es, Unterkünfte im Voraus zu reservieren, da es auf einigen Abschnitten zu Engpässen kommen kann.
Organisation
Meine komplette Organisation bestand darin, mir einen Wanderführer zu kaufen. Und bis zu meinem ersten Wandertag hatte ich nicht eine Seite darin gelesen.
Der Weg ist relativ bekannt und gut ausgeschildert. Die Infrastruktur ist gut.
Ich hatte keine einzige Unterkunft vorgebucht, war aber auch alleine unterwegs.
Da die GTA durch beliebte Regionen führt, macht es Sinn die Unterkünfte für die erste Woche komplett durchzubuchen und dann nach und nach im Voraus zu buchen. Vor allem, wenn man zu zweit oder in der Gruppe unterwegs ist, sind Vorausbuchungen definitiv notwendig.
Da das Wetter und die eigene Gesundheit unberechenbar sind, würde ich nicht zu weit in die Zukunft planen. Doch insbesondere dort, wo der Weg touristische Hotspots wie die Tour du Mont-Blanc oder die Vallée des Merveilles kreuzt (wo es nur sehr begrenzte Schlafmöglichkeiten gibt), sollte man sich frühzeitig um eine Unterkunft bemühen.
Häufig wurde mir aber auch am Telefon gesagt, dass die Hütten voll seien. Ich habe es dann aus Zeitgründen jedes Mal riskiert und bis auf einmal immer einen Platz bekommen, da häufig Wanderer oder Gruppen kurzfristig nicht erscheinen oder stornieren. Man sollte die Flinte also nicht zu schnell ins Korn werfen.
Leider gibt es nur sehr wenige Hütten, die vom Alpenverein betrieben werden (auf der gesamten Strecke vielleicht drei), so dass man bei Überbuchung nicht unbedingt einen Platz im Notlager bekommt. Einmal musste ich in der Vallée des Merveilles eine Doppeletappe laufen, weil ich keinen Schlafplatz bekommen habe (zum Glück waren es die kürzesten Etappen der gesamten Route und ich hatte auch schon damit gerechnet).
Ansonsten braucht man eigentlich nur seine An- und eventuell Abreise zu planen und seinen Rucksack zu packen (Packliste folgt). Fertig!
Wanderführer und Kartenmaterial
Wer des Französischen mächtig ist, findet auf der Seite routes-grandes-alpes.com zahlreiche sehr schön aufbereitete Informationen über die GTA. Wer möchte kann dort auch die gesamte Tour inkl. Guide und Gepäcktransport buchen.
Außerdem kann man sich dort verschiedene Wanderführer bestellen.
Ich hatte mir den Schweizer Guide La grande Traversée des Alpes bestellt. Doch als ich ihn dann in der Hand hatte, musste ich feststellen, dass der Wanderführer die Tour in 37 Etappen aufteilt und so viel Zeit hatte ich nicht.
Also habe ich auf der sehr empfehlenswerten Facebook-Gruppe Wandern & Fernwandern, die Community um Rat gefragt und prompt den englischen Cicerone – Wanderführer – The GR5 Trail (Amazon-Partnerlink) empfohlen bekommen, der die Tour je nach Strecke in 25 bis 32 Etappen aufteilt.
Ich kann diesen Führer nur allerwärmstens empfehlen, da er einfach alle Varianten und Infos beinhaltet, die man benötigt. Er hat nur zwei Nachteile:
- Er ist super ausführlich und somit auch sehr schwer. (Wer einen E-Reader hat, spart mit der digitalen Version eine Menge Gewicht!)
- Er ist nicht ganz aktuell. Ausgerechnet die Unterkunft von der ersten Etappe existierte nicht mehr und ich stand bei Sonnenuntergang vor einem vernagelten Haus (Das war aber auch das einzige. Alles andere hat gepasst).
Alle Franzosen, die ich kennengelernt habe, hatten die Wanderführer der Fédération Francaise de Randonnée. Die sind auch sehr gut, nur benötigt man hier drei verschiedene Hefte, für die jeweiligen Teilstrecken. Ich habe daher neidvolle Blicke für meinen Wanderführer geerntet und gelegentlich haben sich Mitstreiter Seiten daraus abfotografiert.
Kartenmaterial habe ich nicht genutzt. Obwohl ich mich auch zwei, dreimal verlaufen habe, ist der Weg durchgehend hervorragend ausgeschildert und die Kartenausschnitte in den Reiseführern sind aus meiner Sicht vollkommen ausreichend.
Kosten
Wenn man die GTA als Hüttentour plant, dann ist der ganze Spaß nicht so günstig, wie man es sich vielleicht erhofft.
Wie schon erwähnt gibt es auf der Strecke so gut wie keine Hütten des Alpenvereins, so dass man als Mitglied hier nicht viel Geld sparen kann. Die Übernachtung mit Halbpension kostet in der Regel um die 50 Euro (Stand 2018). Bei einigen Hütten kann man auf die Halbpension verzichten und sich selbst versorgen. Andere bieten diese Option nicht an.
Aber ich würde sowieso nicht darauf verzichten wollen, da das Essen hervorragend war (wie man es aus Frankreich gewohnt ist). Wobei Vegetarier meist weniger attraktive Optionen zur Auswahl haben.
Selten sind die Hütten günstiger, gelegentlich sind sie sogar teurer, da es in manchen Orten nur Hotels gibt.
Zur Halbpension muss man noch die restliche Verpflegung rechnen. Ich habe mittags eigentlich nur Obst, Riegel und selbstgeschmierte Brote gegessen. Man kann sich auch für circa 12 Eur Lunchpakete in den Hütten kaufen.
Die Auswahl an günstigen Unterkünften in Genf, Nizza oder Menton ist sehr begrenzt. Je nachdem wie lange man hier verweilt, kommt ein schönes Sümmchen zusammen.
Wenn man wie ich in 29 Tagen durchballert und mit 55 EUR/pro Tag knapp kalkuliert, liegt man für diese unbezahlbare Tour bei 1595 EUR ohne Zusatztage und An- und Abreise.
Wer zeltet, hungert und weit vorausplant, kriegt es bestimmt auch günstiger hin.
Wer gerne mal ein Glas Wein oder Bier trinkt und sich nach der Tour Urlaub vom Urlaub an der Côte d’Azur gönnen möchte, wird deutlich mehr zahlen.
An- und Abreise
Wer cool ist, reist natürlich zu Fuß auf dem GR5 von der niederländischen Küste an.
Alle anderen reisen per Rad, Auto, Bahn oder Flugzeug nach Genf/Lausanne, Nizza.
Wer nur die Hälfte gehen möchte, kann auch in Briancon starten.
Für alle die klassisch von Norden nach Süden laufen gibt es zwei Ausgangspunkte am Genfer See:
Thonons-Les-Bains oder St. Gingolphe
Beide Orte sind von Genf bequem per Bus/Bahn erreichbar. Wer in Thonons-Les-Bains startet, läuft einen Tag länger aber weniger beschwerlich.
Die direkte Route startet von St. Gingolphe mit einer langen und knackigen ersten Etappe.
Eine schöne Startmöglichkeit ist die Anreise nach St. Gingolphe via Fähre von Lausanne aus.
Vorbereitung
Wenn man (wie ich) vom flachen Land kommt, dann kann man sich nicht wirklich körperlich vorbereiten.
Idealerweise hat man schon Wandertouren in den Alpen gemacht, damit man einschätzen kann, was einen erwartet.
Eine sportliche Grundfitness, eingelaufene Schuhe und eine positive Grundeinstellung sollte man definitiv haben, damit die Tour nicht zur Tortur wird.
Aufgrund der vielen Höhenmeter und langen Etappen ist die Tour körperlich sehr anspruchsvoll.
Fast alle Mitstreiter, die ich auf der Strecke kennengelernt habe, waren erfahrene Fernwanderer (Mit teils 1000+ km auf dem Buckel).
Mit der richtigen Einstellung und genug Zeit für Ruhetage ist die Tour aber für jedermann machbar.
In den Bergen kann es wetterbedingt immer schnell brenzlig werden. Aber davon abgesehen, gibt es auf dem GR5 keine technisch anspruchsvollen Passagen oder Klettersteige.
Was sehr, sehr hilfreich ist, sind französisch Kenntnisse. Ich habe mich 90 % der Zeit auf französisch unterhalten, weil 90 % aller Wanderer auf dem GR5 Franzosen waren und die wenigsten davon englisch gesprochen haben.
Fazit
Die GTA ist ein ganz großes Abenteuer. Die Alpenüberquerung auf dem GR 5 ist lang und anspruchsvoll, dafür jagt landschaftlich ein Highlight das nächste. Ich habe so viele Tiere wie noch nirgendwo sonst in den Alpen gesichtet, gegessen wie Gott in Frankreich und hatte am Ende das unbezahlbare Gefühl jeden Meter vom Genfer See zum Mittelmeer gelaufen zu sein.
Ich habe nette Menschen kennengelernt, bin aber die meiste Zeit allein gelaufen.
Im Vergleich zum geselligeren Traumpfad München-Venedig, war es eine ganz andere Herausforderung, sich solo durch die Höhen und Tiefen des Weges zu kämpfen. Am Ende hab ich mich und mein stures Selbst noch ein gutes Stück besser kennengelernt.
Der Pfad hat keine technisch anspruchsvollen Passagen. Orientierung, Versorgung und Übernachtungen sind kein Problem.
Alles was man benötigt ist ein wenig Abenteuerlust und ein eiserner Wille. Auf welche Strapazen ihr euch freuen dürft, könnt ihr in Kürze in meinem Reisebericht lesen.