Etappe 9 – Von Strausberg nach Woltersdorf
Aus der S-Bahn trete ich in die strahlende Morgensonne.
Schnell verlasse ich den städtischen Raum und finde ich mich bald auf den sattgrünen Wiesen des Naturschutzgebietes Lange Dammwiesen wieder.
Auf Gewässer muss man in Brandenburg selten warten.
Ich flankiere den Stienitzsee und erreiche Rüdersorf.
Den Ort kannte ich bislang lediglich von der Online-Paketnachverfolgung:
„Ihr Paket hat das Lager in Rüdersdorf verlassen“.
Ich hatte mir ein Industriegebiet vorgestellt und war überrascht hier Wasserstraßen mit beeindruckenden Grundstücken vorzufinden.
Eine weitere Sehenswürdigkeit ist der Museumspark Rüdersdorf. Hier kann man sich anschauen wie in den vergangenen 800 Jahren Kalk abgebaut wurde.
Wiedermal hat sich ein schwarzer Fleck auf meiner Landkarte gelichtet.
Am Nachmittag erreiche ich den Zeltplatz am Flakensee, wo ich mein Miniaturzelt neben einem noch minimalistischeren Tarp-Zelt einer Radwanderin aufschlage.
Ich beneide sie allerdings nur um das Gewicht. Als am Abend heftiger Regen einsetzt bin ich froh über meine geschlossene Unterkunft.
Etappe 10 – Von Woltersdorf bis „Große Tränke“
Die Hitze drückt als ich mich morgens weiter Richtung Süden vorarbeite.
Grünheide ist bei Berlinern auf dem Radar erschienen seit Elon Musk dort seine Tesla-Fabrik baut.
Nicht ohne Gegenwehr der Einheimischen wie man sieht. Streitpunkte sind soweit ich weiß Waldrodung und Wasserverbrauch.
Ich laufe parallel zu einer idyllischen Kanu-Strecke und schaue neidisch auf die mühelos dahin gleitenden Wasserwanderer während mich mein Rucksack gen Boden zieht.
Streckenweise gibt es tolle Radwege. Da fährt man das ganze Jahr Fahrrad und ist einmal zu Fuß unterwegs. Naja.
Als ich mich erschöpft an einem Rastplatz niederlasse, werde ich von diesen beiden Geflüchteten Afghanen zum Barbecue eingeladen.
Sie erzählen mir von ihrer langen Flucht über die Türkei, Griechenland und Norwegen bis nach Deutschland und ich beeindrucke sie mit meinen spärlichen Persischkenntnissen.
Heute ist Wildzelten angesagt.
Etappe 11 – Von „Große Tränke“ bis Kolpiner See
Die 11. Etappe verspricht einige Highlights.
Erstes Highlight ist der Supermarkt in Fürstenwalde, wo ich mir leckere Lebensmittel gönne.
Nie im Leben hätte ich mir Fürstenwalde so vorgestellt.
Ich bin reichlich beeindruckt von der Domstadt. Leider erreiche ich den Ort so früh, dass der Dom noch geschlossen ist. Ich werde also wiederkommen müssen.
Weiter geht’s über den (mit lächerlichen 150 Metern) höchsten Punkt der gesamten Wanderung.
Die Markgrafensteine sind die größten jemals gefundenen Findlinge Brandenburgs. Meine Boulderschuhe habe ich leider nicht dabei.
Beeindruckender ist dieser Aussichtsturm mit luftigem 360° Grad Panorama.
Ich lasse die Rauener Berge hinter mir und erreiche Bad Saarow und das Märkische Meer (wie der Scharmützelsee auch genannt wird).
Ich mache eine Pause an der Ufer Promenade.
Nicht jeder lässt sich vom Seeblick verzaubern. Ein dicklicher Junge auf der Bank neben mir fragt seine Eltern: Warum können wir nicht einfach aufs Hotelzimmer gehen und fernsehn?
Noch fünf Kilometer stapfe ich auf engen Waldpfaden weiter bis ich den Zeltplatz (tatsächlich eher ein Wohnmobilstellplatz) am Kolpiner See erreiche.
Nachdem ich mein Zelt aufgestellt habe, entdecke ich eine Zecke auf meinem Bein. Au weia!
Etappe 12 – Vom Kolpiner See bis Camping Platz am Grubensee
Heute geht es bis ans andere Ende des märkischen Meeres und darüber hinaus.
Auf halber Strecke passiere ich die Binnendüne bei Storkow, die zu den größten Binnendünen Deutschlands zählt.
Besonders fotogen ist sie jedoch nicht. Ihr müsst euch einen Haufen Sand vorstellen.
Erschöpft erreiche am Nachmittag den Campingplatz am Grubensee.
Dort werde ich von einer Berlinerin angesprochen, die mein Zelt schon in Woltersdorf gesichtet hatte.
Sie ist mit ihren drei Kindern auf Fahrradtour aber augenscheinlich kommen sie nicht viel schneller voran als ich zu Fuß!
Etappe 13 – Campingplatz am Grubensee bis Jugendherberge am Köthener See
Heute geht’s weiter durch den Unterspreewald.
Ich habe meinen E-Reader dabei, sonst hätte ich mal reingeschaut.
Als ein Regenschauer einsetzt, finde ich Refugium auf einem Hochsitz, der unter einem Baum steht. Von hier kann ich ungestört ein Storchenpaar beobachten, das unweit von mir übers Feld stakst.
Heute freue ich mich besonders auf das Ende der Etappe, da ich in der Jugendherberge am Köthener See übernachte.
Hier war ich schon mal mit meinen Schülern. Und duschen kann ich hier auch.
Etappe 14 – Jugendherberge am Köthener See bis ehemaliges militärisches Gelände (vor Zesch am See)
Am Abend hat es heftig gewittert.
Ein mystisch vernebelter Morgen leitet die 14. Etappe ein. Als ich einen Einheimischen freundlich Grüße, schaut dieser mir grimmig in die Augen und grüßt nicht zurück. Was soll man dazu sagen?
Am Supermarkt in Halbe stocke ich meinen Proviant auf und ziehe weiter. Vorbei am Tornower und Teupitzer See bis ich schließlich nach 35 km erschöpft mein Zelt in einer düsteren Waldschneise aufschlage.
Als ich am Abend am Wegesrand stehe, fahren ein paar Männer auf Quads vorbei. Ich grüße freundlich, bekomme aber nur feindselige Blicke zurück.
Ich schlafe recht schlecht. Vor den ortsansässigen Wölfen fürchte ich mich nicht. Eher vor den Zweibeinern.
Etappe 15 – Ehemaliges Militärgelände bis Faules Luch
Diese schön markierte Bank steht unmittelbar an einer vielbefahrenen Landstraße.
Mittags lege ich ein Pause in Wünsdorf ein. Der Ort wurde 1998 zur Bücherstadt erklärt, die circa 350 000 Bücher aus allen Wissens- und Sammelgebieten beherbergt.
Die Angestellte der Supermarktbäckerei scheint davon jedenfalls keinen Gebrauch zu machen:
„Maske brauchen se bei mir nicht tragen. Ick gloob da nich dran. Ick les keene Zeitung, ick schau kein Fernsehen, ick hab meene eigenen Quellen. Die da oben wolln uns alle verarschen. Dit machen die nur wegen der Wirtschaft.”
Ich wollte eigentlich nur ein Brötchen aber danke.
Am Abend stelle ich mal wieder mein Zelt am See auf und wasche mich alibimässig im selbigen. Dann noch ein wenig lesen und ab ins Bett.
Etappe 16 – Faules Luch bis Trebbin
Am Morgen werde ich von dieser kuriosen Müllansammlung begrüßt.
Vorbei an Sonnenblumenfeldern und einem Windpark geht es weiter nach Trebbin.
Wer Fahrradwege fordert, kann sich immer meiner Unterstützung sicher sein. Leider muss ich solange an einer vielbefahrenen Straße weiterlaufen.
Etappe 17 – Trebbin bis Seddin
Vom Hotel zur Rose (klingt attraktiver als es ist) starte ich in eine der schönsten Etappen der gesamten Wanderung.
Bald erreiche ich den zweiten Aussichtsturm auf dieser Wanderung. Er ist nicht ganz so hoch wie der letzte aber das Panorama ist mindestens genauso gut.
Dann streife ich durch den wunderschönen Ort Blankensee. Neben Storchennestern gibt es hier schöne Häuschen und blumige Gärten.
Ein toller Zwischenstopp für Radsportler, die im Dorfcafé eine sonnige Pause genießen können.
Die Hitze drückt. Vor allem auf den wenigen schattenfreien Strecken wie hier.
Vom Blankensee geht’s weiter zum großen Seddiner See, wo ich am Zeltplatz sehr herzlich empfangen werde (Ja, das gibt es zum Glück auch hin und wieder!).
Etappe 18 – Seddin bis Potsdam
Auf der letzten Etappe besucht mich eine Freundin, die mich die restlichen Kilometer nach Potsdam begleiten wird.
Das ist das schöne an der 66-Seen-Wanderung. Wenn jemand aus der Familie oder dem Freundeskreis Zeit hat, kann er einfach spontan aus Berlin für die ein oder andere Etappe dazu stoßen.
Heute stehen die letzten Seen auf dem Programm. Nach dem Großen Lienewitzsee geht es vorbei am Caputher See und am Einstein-Haus.
Dann über die lange Brücken am Templiner See und schon flaniere ich erneut sorglos durch den Schlosspark Sanssoucis.
Vom Park sind es nur noch ein paar Meter zum Brandenburger Tor. Geschafft!!!
Yippie, der Kreis schließt sich! 420 km mit einem MS (Menschenstärke) um die Hauptstadt. Ich werde nie davon genug bekommen nach einer Fernwanderung das Ziel zu erreichen. Der Weg ist zwar das Ziel aber das Ziel ist auch geil.
Fazit
Darf man sich überhaupt Berliner nennen, wenn man nicht mindestens einmal in seinem Leben um die Hauptstadt gelaufen ist?
Ich meine: Nein!
Definitiv ein lohnenswertes Unterfangen.
Der Weg hat einige Highlights und Überraschungen zu bieten und ist dazu ganzjährlich begehbar.
Ich bin mit offenem Herzen und positiver Einstellung los gelaufen aber muss zugeben, dass mein ambivalentes Gefühl gegenüber Brandenburg vorerst geblieben ist. Nicht überall wurde ich herzlich empfangen.
Aber ich habe auch positive Eindrücke sammeln können.
Das Beste ist, dass sich die dunklen Flecken auf der Landkarte gelichtet haben und ich jetzt eine gute Vorstellung davon habe, wie es um Berlin aussieht und welche Orte ich mir gerne noch einmal genauer anschauen möchte.
Beim nächsten Mal vielleicht mit dem Kanu oder dem Fahrrad.
Es gibt Länder, wo richtig was los ist und es gibt:
Nein, man darf sich nicht Berliner nennen, wenn man das schöne Umland nicht kennt! Meiner Erfahrung nach steigt die Freundlichkeit und Zugänglichkeit der Brandenburger exponentiell mit zunehmender Entfernung zu Berlin.
Viele Grüße
Sandra
Na dann! Wie die Freundlichkeit erstmal sein muss, wenn man über die Landesgrenze hinaus wandert 🙂
Was für ein schöner Bericht, der Lust auf diese Wanderung weckt. Dankeschön!