Der GR 20 auf Korsika – Organisation, Kosten, Vorbereitung

Die Grande Randonée 20

Der GR 20 ist ein Fernwanderweg auf der französischen Insel Korsika.
In 180 km führt er von Calenzana quer über das korsische Hochgebirge bis nach Conca.

Er gilt als einer der härtesten Wanderwege Europas, da er durch anspruchsvolles Gelände fernab von besiedeltem Gebiet verläuft.

Die Etappen

Wie man sich die 180 km aufteilt ist jedem selbst überlassen. Offiziell ist der Weg in 16 Etappen aufgeteilt.

Der Streckenrekord liegt aktuell bei 30 Stunden und 25 Minuten. Zur Freude der Einheimischen wurde er von dem Korsen Lamert Santelli aufgestellt.

Normalsterbliche gehen den Weg eher in 12 bis 15 Tagen, wobei man sich von der Kürze der Etappen nicht täuschen lassen sollte.

Ich hatte mir im Vorfeld die Strecke angeschaut und gedacht, dass ich als erfahrener Fernwanderer den GR 20 locker in einer Woche durchschreite.

Vor Ort wurde ich schnell eines Besseren belehrt. Das Gelände ist sehr anspruchsvoll und das Wetter unvorhersehbar.

Ich war nicht ultraleicht unterwegs, habe ausschließlich im eigenen Zelt geschlafen und die Strecke in 11 Tagen absolviert. Eigentlich hatte ich 12 Tage anvisiert, habe mich aber am vorletzten Tag bei einer Variante verlaufen und bin gezwungener Maßen eine Doppeletappe gelaufen.
Das war sehr sportlich und würde ich Anfängern nicht empfehlen.

Sofern ihr keine Ultra-Runner seid, solltet ihr sicherheitshalber 15 Tage einplanen. Seid ihr am Ende schneller unterwegs, könnt ihr die eingesparten Tage wunderbar am Strand verbringen.

In den Reiseführern wird der Weg von Nord nach Süd beschrieben. Er ist aber in beide Richtungen begehbar. Im Norden erwarten Euch die schwersten Etappen, so dass manche den Weg lieber gegen den Strom gehen, um sich graduell an die Belastung zu gewöhnen.

Wer den Pfad nicht komplett wandern möchte, kann nach der Hälfte in Vizzavona aussteigen. Ansonsten gibt es wenig Gelegenheiten abzukürzen, da der Weg hauptsächlich durch unbesiedeltes Gelände führt (Regionaler Naturpark Korsika).

Die Hütten

Berghütten wie in den Alpen sucht man in Korsika vergebens. Meist gibt es nur eine handvoll Schlafplätze, die man im Vorfeld komplett durchbuchen sollte, um nicht leer auszugehen. Etwas flexibler ist man, wenn man sich einen Platz im Leihzelt bucht. Um alle Hütten sind stets zahlreiche Quechua Wurfzelte aufgebaut. Aber auch hier hat man keine Schlafplatzgarantie, da der Weg sehr populär ist.
Am sichersten fahrt ihr mit einem eigenen (möglichst leichten) Zelt. Diese dürfen auf dem GR 20 ausschließlich bei den Hütten aufgebaut werden.

Der härteste Wanderweg Europas?

Der GR 20 wird häufig als der härteste Wanderweg Europas bezeichnet. So hart, dass hier sogar die berüchtigte Fremdenlegion ihre Gewaltmärsche trainiert.
Ich bin leider noch nicht alle Wanderwege Europas gelaufen aber der GR 20 gehört mit Sicherheit zu den anspruchsvolleren. Wenn man in den Hütten übernachtet und den Weg in 15 Etappen oder mehr geht, dann ist er gut machbar. Jeden Tag, den man abzieht und jedes Gramm, das man hinzufügt macht die Sache wesentlich strapaziöser.
Vor allem im Norden geht man selten auf gut ausgebauten Wegen. Meist kraxelt man steil auf Felsplatten herum. Ich habe außerdem an einem Tag extrem bedrohliches Wetter erlebt und an weiteren Tagen Starkregen. Einmal wurde ich Zeuge einer Hubschrauber-Rettung. Da ging es zum Glück nur um einen umgeknickten Knöchel. Aber das ist in diesem Gelände schnell passiert. Der Handy-Empfang ist auf der Strecke extrem limitiert. Meist hat man nur am Grat Empfang. Ausstiegsmöglichkeiten sind rar.
Nach einem Felssturz mit sieben Toten im Jahr 2015, wurde das einstige Highlight des GR 20, der Abschnitt “Cirque de la solitude”, durch eine markierte Umgehungsroute über den Monte Cinto (2706m – Höchster Berg Korsikas) ersetzt.
Nach dem Unglück wurde der Cirque de la solitude gesperrt, ist aber seit 2018 wieder begehbar. Alle Markierungen, sowie Kletterhilfen (Leitern, Ketten) wurden allerdings entfernt, so dass dieser Abschnitt nur mit lokalen Führern durchgeführt werden sollte.

Organisation und Vorbereitung

Wer in den Hütten übernachten möchte, muss definitiv vorbuchen, da das Kontingent an Schlafplätzen sehr begrenzt ist. Leihzelte gibt es deutlich mehr allerdings würde ich auch hier vorher abklären wie weit im Vorfeld man diese buchen sollte.

Wer mit dem eigenen Zelt unterwegs ist, braucht nichts weiter zu organisieren.  Der Weg ist sehr gut ausgeschildert und wer einen Reiseführer dabei hat oder sich die Routen aus dem Internet ausgedruckt hat wird keine Navigationsprobleme haben.

Körperlich sollte man definitiv fit sein. Einen u.U. schweren Rucksack inkl. Wasser durch Alpines Gelände zu schleppen auf Pfaden, die den Namen oft nicht verdienen, ist nicht ohne. Ich treibe regelmäßig Sport, habe mich aber speziell im Vorfeld mit diesem HIIT-Trainingsprogramm fit gemacht. Das ist sehr beinlastig und hat mir wirklich geholfen, den Weg gut zu meistern.

Hilfreich ist es, wenn man sein Trekking-Material schon vorher auf anderen Strecken getestet hat. So kann man besser einschätzen wieviel man tragen kann und möchte und ggf. Dinge hinzufügen oder weglassen.

Ich bin definitiv kein Gear-Junkie und wiege nicht jedes Item ab, das ich mitnehme und ich kenne auch nicht mein Baseweight. Klar ist aber, dass die Wanderung mit jedem Gramm, das man zu Hause lässt, angenehmer wird. Den Kocher könnt ihr zu Hause zu lassen. An jeder Hütte gibt es Kochstationen. Im schlimmsten Fall, muss man fünf Minuten warten, wenn sie gerade besetzt ist. Ich hatte nur einen ultra-leicht Topf dabei. Das hat vollkommen ausgereicht. Eine Packliste folgt.

Wanderführer, Kartenmaterial und Navigation

Der Weg ist sehr gut markiert. Einmal habe ich mich verlaufen. Aber da wollte ich eine Variante laufen. Ich musste dann unfreiwillig eine Doppeletappe gehen aber ich habe es überlebt.

Man könnte den Weg wahrscheinlich komplett ohne Karten oder Führer gehen. Ich hatte nur den Rother-Wanderführer dabei. Der hat mir leider überhaupt nicht gefallen, weil er viel zu viele Etappen (19!) und Varianten beinhaltet. Das war eher hinderlich bei meiner Planung. Bessere Infos findet man im Netz und kann sich die entsprechenden Etappen einfach abspeichern oder ausdrucken.

Auf dieser Seite gibt es zum Beispiel alle wichtigen Infos rund um den GR 20 inkl. Übersicht zu den Etappen und Kartenmaterial: le-gr20.fr  (französisch und Englisch)

Kosten

Wie alle Inseln ist auch Korsika eher teuer, was Unterkünfte und Verpflegung angeht. Verglichen mit dem Tourismus an der Küste ist man aber auf dem GR 20 vergleichsweise günstig unterwegs.

Eine Kostenübersicht mit Hütten- und Verpflegungspreisen findet ihr hier:
How much does it cost?

Dort ist allerdings zu lesen, dass ein Schlafplatz im eigenen Zelt 6,00 € / pro Nacht kostet. Vor Ort stellte sich heraus, dass dieser Preis nur bei Vorreservierung gilt. Kommt man ohne Reservierung bezahlt man 12 € / pro Nacht. Leider lassen sich die Plätze vor Ort nur schwer vorreservieren, da man selten Internetempfang hat, oder die Seiten einfach überlastet oder nicht funktionsfähig sind.

Davon abgesehen ist eigentlich nur das Essen etwas hochpreisiger, wie es in den Bergen halt üblich ist. Ich würde hier eher mehr (Bar)Geld einplanen und weniger Nahrung mitschleppen. Wer einen Topf mitbringt, kann sich Ravioli oder ähnliche Dosengerichte vor Ort kochen. Die Hüttenshops haben immer eine kleine Auswahl an Lebensmittel wie u.a. Thunfischsalat, Wurst, Käse, Brot usw. Für Veganer und Vegetarier hält sich das Angebot leider in Grenzen.

An- und Abreise

Man kann die Insel über diverse Flughäfen oder per Fähre ansteuern. Wer den Weg regulär von Nord nach Süd läuft startet in Calencana. Dort kommt man allerdings nicht ohne weiteres hin. Ich bin am Flughafen Bastia angekommen. Dieser liegt etwas außerhalb der Stadt. Ich musste also zunächst per Taxi zur nächsten Bahnstation. Von dort ging es weiter nach Calvi, wo ich die erste Nacht im Hostel übernachtet habe.
Von Calvi, kommt man eigentlich nur mit dem eigenen Auto, einem Taxi, zu Fuß oder per Autostop zum Ausgangspunkt des GR 20 nach Calenzana. Ich habe es per Autostop gemacht, was schnell geklappt hat.

Fazit

Der GR 20 ist ein wunderschöner und sehr anspruchsvoller Fernwanderweg. Landschaftlich hat mich der Weg beeindruckt, weil er fernab von besiedeltem Gebiet verläuft und man wirklich in die Natur eintauchen kann. Zudem kann man nach dem erfolgreichen Abschluss seinen Resturlaub am Traumstrand verbringen.
Weniger begeistert war ich allerdings von der Hüttensituation. Die Hütten waren (zumindest im Sommer 2021) maßlos überlastet. Teilweise gab es zwei Toiletten und Duschen für zig Menschen. Das war mir zu viel Trubel.
Auf dem Weg verteilen sich die vielen Menschen zum Glück, so dass man insgesamt in Ruhe wandern kann. Aber ein Geheimtipp ist es definitiv nicht mehr.

Unterwegs auf dem GR 20

Teil 1 – Organisation, Kosten, Vorbereitung
Teil 2 – Die ultimative Packliste
Teil 3 – Von Calenzana bis Tighjettu
Teil 4 – Von Tighjettu bis Capannelle
Teil 5 – Von Capannelle bis Conca

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